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Familiengewaltstudien

Auswirkungen eines gesetzlichen Verbots von Gewalt in der Erziehung im europäischen Vergleich

Das Forschungsprojekt wird anhand eines Vergleichs ausgewählter europäischer Länder eine Bestandsaufnahme zum Ausmaß von Gewalt in der Erziehung durchführen. Des Weiteren soll evaluiert werden, welche Effekte von einem gesetzlichen Verbot von Gewalt in der Erziehung ausgehen. Untersucht werden Wirkungen auf das Verhalten, die Einstellungen, die Kommunikation und auf das Rechtsbewusstsein sowie -wissen der Rechtsadressaten.

Seit 1989 ist das Recht auf gewaltfreie Erziehung in Artikel 19 der UN-Kinderrechtskonvention international festgeschrieben. Schweden führte bereits 1979 als erstes Land ein Verbot von Körperstrafen in der familialen Erziehung ein, das von einer breit angelegten landesweiten Informations- und Aufklärungskampagne begleitet wurde. Seither sind dort ein Rückgang von Gewalt in der Erziehung sowie eine zunehmende Ablehnung von Körperstrafen bei Eltern und Kindern bzw. Jugendlichen zu verzeichnen. Es bleibt aber umstritten, ob bzw. wie weit diese Entwicklung auf das rechtliche Verbot zurückgeführt werden kann.

Mittlerweile haben weitere europäische Länder Körperstrafenverbote implementiert. Dazu gehören Österreich (1989) und Deutschland (2000). Aber mit Ausnahme von Deutschland wurden deren Auswirkungen nicht untersucht. Zudem bestehen Unterschiede bei der Durchführung und Intensität von Informationskampagnen zur Bekanntmachung der Gesetzeslage.

Durch einen Vergleich der drei Länder Schweden, Deutschland und Österreich  mit zwei weiteren europäischen Ländern ohne rechtliche Regelung – Spanien und Frankreich – soll überprüft werden, wie wirksam die Kodifizierung eines Körperstrafenverbots das Erziehungsverhalten der Eltern beeinflussen kann. In Spanien wurde zumindest durch landesweite Kampagnen auf die Schädlichkeit von Körperstrafen in der Erziehung hingewiesen.

Die ausgewählten fünf europäischen Länder bilden die heterogene Situation in Europa beispielhaft ab, wobei als Unterscheidungskriterien zum einen die Kodifizierung eines Verbots von Gewalt in der familialen Erziehung und zum anderen die Durchführung einer Informations- und Aufklärungskampagne dienen. Je Land werden dabei 1.000 repräsentativ ausgewählte Eltern mit einem standardisierten Untersuchungsinstrument befragt.

Die zwei Hauptziele des Projekts

Erstens soll eine Datenbasis anhand eines einheitlichen Forschungsdesigns geschaffen werden, die eine international vergleichende Diskussion über das Problem familialer Gewalt gegen Kinder überhaupt möglich und fruchtbar macht. Insbesondere sollen hier folgende Fragestellungen anhand eines Ländervergleichs verfolgt werden:

  • Wie verbreitet ist Gewalt in der Erziehung in den einzelnen europäischen Ländern und wie verteilt sie sich auf die einzelnen Bevölkerungsschichten
  • Welche Einstellungen zur Gewalt in der Erziehung bestehen in den Ländern und wie steht es insbesondere um die Akzeptanz einer gewaltfreien Erziehung?  
  • Wie hoch ist der Anteil hochgradig gewaltbelasteter Eltern in den einzelnen Ländern und wie ist ihre Akzeptanz und Rezeptionsbereitschaft gegenüber staatlichen Programmen (Verbot von Gewalt, Aufklärungskampagnen)?  
  • Wie stark ist die prägende Wirkung des „Kreislaufs der Gewalt“ in den einzelnen Ländern, d.h. die „Übertragung“ von gewaltförmiger Erziehung sowohl von Großeltern auf die heutigen Eltern (Körperstrafen) als auch von Eltern auf ihre Kinder (Jugendgewalt)?  

Zweitens soll überprüft werden, inwiefern eine gesetzliche Ächtung von Gewalt in der Erziehung, verbunden mit intensiven Informations- und Aufklärungskampagnen, positive Wirkungen auf das Erziehungsverhalten, die Einstellungen, das Rechtsbewusstsein und Thematisierung von Körperstrafen in der Erziehung erzielt. Schweden wird in dieser Diskussion häufig als Musterland angesehen. Insbesondere soll untersucht werden:

  • Welchen Einfluss hat ein Körperstrafenverbot auf die verschiedenen Wirkungsdimensionen?
  • Bedarf ein kodifiziertes Verbot von Gewalt in der Familie intensiver Informations- und Aufklärungsmaßnahmen, um überhaupt eine ausreichende Wirkung erzielen zu können?
  • Welcher Stellenwert kommt nationalen Informations- und Aufklärungsmaßnahmen über die Schädlichkeit von Körperstrafen zu?   
  • Ist bei ausreichender öffentlicher Aufklärung zusätzlich ein gesetzliches Verbot von Körperstrafen erforderlich?

Das Forschungsprojekt will auch einen Beitrag zur Diskussion darüber leisten, ob in den Ländern, in denen Körperstrafenverbote eingeführt wurden, die aber wegen mangelnder Informationskampagnen wirkungslos blieben, weiterer Handlungsbedarf angezeigt wäre. Schließlich lassen sich auf der Grundlage der Forschungsergebnisse auch die Parameter für erfolgreiche europäische bzw. nationale Maßnahmen abschätzen. Dies betrifft insbesondere die Gruppe gewaltbelasteter Eltern, die zugleich über derartige Maßnahmen am schwersten angesprochen werden kann.

Projektteam

Prof. Dr. iur. Kai-D. Bussmann (Projektleiter)
Diplom-Soziologin Claudia Erthal (Projektkoordinatorin)  
Diplom-Soziologe Andreas Schroth

Frühere Studien (Evaluation des Gesetzes zur Ächtung der Gewalt in der Erziehung)

  • 2005: Auswirkungen des Verbots von Gewalt in der familialen Erziehung in Deutschland
  • 2005: Familiengewalt-Report
  • 2005: Report über die Auswirkungen des Gesetzes zur Ächtung der Gewalt in der Erziehung - Zusammenfassung für die Homepage des BMJ
  • 2005: Pressemitteilung des BMJ zum Familiengewalt-Report
  • 2004: Evaluating the Subtle Impact of a Ban on Corporal Punishment of Children in Germany
  • 2002: Das Familiengewaltverbot - Jugendstudie
  • 2002: Das Familiengewaltverbot - Expertenstudie
  • 2002: Das Familiengewaltverbot - Elternstudie

Dokumente - Downloads

Bussmann, Kai-D., Erthal, C., Schroth, A (2011). Effects of Banning Corporal Punishment in Europe. In  Durrant/Smith (Eds.), Global Pathways to Abolishing Physical Punishment (pp. 299-322)
Effects of Banning Corporal Punishment in Europe.pdf (2 MB)  vom 28.03.2012

Bussmann, Kai-D. (2011). Background an Legal Consequences of the Right to be Raised Without Violence. In Durrant/Smith (Eds.), Global Pathways to Abolishing Physical Punishment (pp. 134-145)
Background and Legal Consequences.pdf (874,3 KB)  vom 28.03.2012

Wirkung von Körperstrafenverboten -  Ergebnisse der europäischen Vergleichsstudie zu den „Auswirkungen eines gesetzlichen Verbots von Gewalt in der Erziehung“, veröffentlicht in RdJB 4/2008
5_bussmann_rdjb_408.pdf (335 KB)  vom 15.09.2010

Auswirkungen des Verbots von Gewalt in der familialen Erziehung in Deutschland
Auswirkungen des Verbots von Gewalt in der familialen Erziehung in Deutschland.pdf (96,1 KB)  vom 17.03.2010

Familiengewalt-Report
Familiengewalt-Report.pdf (593 KB)  vom 17.03.2010

Report über die Auswirkungen des Gesetzes zur Ächtung der Gewalt in der Erziehung - Zusammenfassung für die Homepage des BMJ
Report über die Auswirkungen des Gesetzes zur Ächtung der Gewalt in der Erziehung - Zusammenfassung für die Homepage des BMJ.pdf (276 KB)  vom 17.03.2010

Pressemitteilung des BMJ zum Familiengewalt-Report
Pressemitteilung des BMJ zum Familiengewalt-Report.pdf (59,8 KB)  vom 17.03.2010

Evaluating the Subtle Impact of a Ban on Corporal Punishment of Children in Germany
Evaluating the Subtle Impact of a Ban on Corporal Punishment of Children in Germany.pdf (650,5 KB)  vom 17.03.2010

Das Familiengewaltverbot - Jugendstudie.pdf
Das Familiengewaltverbot - Jugendstudie.pdf (736,5 KB)  vom 17.03.2010

Das Familiengewaltverbot - Expertenstudie.pdf
Das Familiengewaltverbot - Expertenstudie.pdf (722,7 KB)  vom 17.03.2010

Das Familiengewaltverbot - Elternstudie.pdf
Das Familiengewaltverbot - Elternstudie.pdf (769,6 KB)  vom 17.03.2010

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Juristischer Bereich
Lehrstuhl für Strafrecht und Kriminologie

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